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Rund ums Hören

Hörscreening bei Neugeborenen: Der Hörtest bei Babys

Simone Blaß
Verfasst von Simone Blaß
Zuletzt aktualisiert: 23. Mai 2022
Lesedauer: 5 Minuten
© peakSTOCK / istockphoto.com

0,2 Prozent aller Neugeborenen sind von einer angeborenen beidseitigen Hörstörung betroffen. Das klingt wenig, entwickelt sich aber – wenn die Schwerhörigkeit oder Taubheit nicht erkannt wird – für die betroffenen Kinder und ihre Eltern zu einem echten Problem. Denn ein fehlendes Hörvermögen hat nicht nur Folgen beim Spracherwerb, sondern auch bei der intellektuellen und sozialen Entwicklung. Mithilfe des Neugeborenen-Hörscreenings, das in der Regel noch in der Klinik durchgeführt wird, können Hörstörungen bereits in den ersten Lebenstagen erkannt und entsprechend behandelt werden.

Alles auf einen Blick:

  • Der Hörtest für Neugeborene wird kurz nach der Geburt durchgeführt, meistens zwischen dem zweiten und vierten Lebenstag.
  • Die Untersuchung ist für das Baby völlig schmerzfrei. Es kann währenddessen sogar schlafen.
  • Über die Messung der otoakustischen Emissionen wird bei dem Neugeborenen-Hörtest überprüft, ob das Innenohr voll funktionsfähig ist.
  • Das Neugeborenen-Hörscreening wird von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen.
  • Wird bei einer angeborenen Hörstörung schnell gehandelt, kann auch ein betroffenes Kind ganz normal sprechen lernen.

Ablauf

Um eine Hörstörung noch vor der entscheidenden Phase des Spracherwerbs zu behandeln, ist es notwendig, sie bereits beim Säugling zu erkennen. Dafür wurde ein universelles Neugeborenen-Hörscreening entwickelt. Dieser Hörtest wird nur wenige Tage nach der Geburt durchgeführt – in der Regel zwischen dem zweiten und vierten Lebenstag. Das Screening gibt den Eltern die Sicherheit, dass ihr Kind gut hört.

Wie funktioniert das Neugeborenen-Hörscreening?

Bei dem Neugeborenen-Hörtest wird über die Messung der sogenannten transitorisch evozierten otoakustischen Emissionen (TEOAE) die Funktionsfähigkeit des Innenohrs bzw. der äußeren Haarzellen überprüft. So lässt sich in nur wenigen Minuten und für den Säugling völlig schmerzfrei mithilfe einer kleinen Sonde feststellen, ob das Gehör gut funktioniert.

Kurz erklärt:
Otoakustische Emissionen (OAE) sind leise Schallaussendungen des Innenohrs. Sie entstehen, wenn durch ein Geräusch die Haarzellen in der Gehörschnecke des Innenohrs (Cochlea) in Schwingung versetzt werden.

Wann und wo wird das Hörscreening für Neugeborene durchgeführt?

In der Regel wird die Untersuchung noch während der ersten Lebenstage in der Klinik durchgeführt. Der Zeitpunkt ist dabei völlig egal, der Test kann sogar beim schlafenden Kind gemacht werden. Bei ambulanten Geburten können die Eltern das Neugeborenen-Hörscreening auch beim Kinderarzt, einem HNO-Arzt oder in ausgewählten Screening-Zentren machen lassen.

Hörtest bei einem Baby mit kleinen Sonden
© peakSTOCK / istockphoto.com

Was kostet ein Neugeborenen-Hörscreening?

Seit 2009 gehört das universelle Neugeborenen-Hörscreening zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Kosten werden vollständig übernommen. Der Grund: Durch diese Untersuchung kann eine angeborene ein- oder beidseitige Schwerhörigkeit bei Kindern mit einem Hörverlust von mehr als 35 dB frühzeitig erkannt und effizient behandelt werden.

Schon gewusst?:
Die meisten Mütter reden mit ihren Ungeborenen. Zu Recht, denn bereits ab der 16. Schwangerschaftswoche sind diese in der Lage, Geräusche zu hören und darauf zu reagieren. Die Sprachentwicklung beginnt also sozusagen bereits im Mutterleib. Um Defizite auszugleichen, sind Früherkennungsuntersuchungen umso wichtiger. Denn auf diese Weise können eventuelle Hörstörungen frühzeitig erkannt und ausgeglichen werden.

Die nächsten Schritte

Ist das Screening unauffällig, dann besteht kein Grund zur Sorge. Und auch, wenn das Neugeborenen-Hörscreening Auffälligkeiten zeigt, gibt es Lösungsmöglichkeiten, damit sich das Kind optimal entwickeln kann.

Auffälliges Screening-Testergebnis – was tun?

Ist das Testergebnis bei Ihrem Baby auffällig, sollte es auf jeden Fall noch einmal kontrolliert werden. Denn nicht immer liegt eine Hörstörung vor. Manchmal sind es einfach Reste von Fruchtwasser, die sich noch im Gehörgang befinden und das Ergebnis bei der Weilerleitung des Schalls verfälschen.

Ist auch ein erneutes Ergebnis beim Neugeborenen-Hörscreening auffällig, dann wird ein Termin für ein Kontroll-Hörscreening am besten bei einem auf Kinder spezialisierten Audiologen beziehungsweise Phoniater vereinbart, um bei dem Baby eine sogenannte Hirnstammaudiometrie (BERA) durchzuführen. Dabei werden die Nervenreaktionen untersucht, die bei der Verarbeitung der Hörreize im Gehirn passieren.

Die Ohren Ihres Kindes funktionieren nicht richtig?

Schnell handeln! Zeigt das Ergebnis des Tests beim Neugeborenen Störungen in den Ohren an, sollten Sie schnell reagieren. Ist die Diagnostik nämlich bis zum dritten Lebensmonat abgeschlossen, dann ist es möglich, das Kind noch vor dem sechsten Lebensmonat und damit früh genug für eine gesunde Entwicklung mit dem notwendigen Hörsystem zu versorgen. Manchmal genügt ein Hörgerät, um den Hörverlust auszugleichen. Ist das Kind komplett gehörlos, kann ein Cochlea-Implantat helfen.

Wie funktioniert ein Cochlea-Implantat beim Baby?

Funktioniert das Ohr so, wie es soll, dann wandelt die Hörschnecke (Cochlea) von außen kommende Schallwellen im Innenohr in Nervenimpulse um, die dann vom Gehirn verarbeitet werden. Sind die Haarzellen in der Cochlea beim Neugeborenen stark beschädigt oder nicht vorhanden, wird ein Cochlea-Implantat eingesetzt. Es verwandelt Schall in elektrische Signale und leitet diese direkt an den Hörnerv weiter. Damit werden die geschädigten Ohrbereiche Ihres Kindes einfach umgangen und die Schwerhörigkeit beziehungsweise der Hörverlust ausgeglichen.



Funktioniert das Hörsystem zum Beispiel mithilfe eines Hörgeräts wieder, sollte so schnell wie möglich mit Frühförderung begonnen werden, damit das Kleinkind optimal dabei unterstützt wird, normal sprechen zu lernen. Sie werden sehen, schon bald tauchen die ersten Wörter auf.

Fazit

Das Hörscreening bei Babys ermöglicht es, Probleme mit dem Hören bereits zu erkennen, bevor ihre Auswirkungen gravierend werden. Greift man nämlich früh genug ein, gelingt es in rund 98 Prozent der Fälle, das vorhandene Restgehör zu stimulieren und so einen Spracherwerb sowie eine gesunde Entwicklung möglich zu machen.

Über unsere*n Autor*in
Simone Blaß
Simone studierte Germanistik, Psychologie und Soziologie und absolvierte danach ein Volontariat bei einem lokalen Fernsehsender. Nach Zwischenstationen beim Radio und in einer PR-Agentur arbeitete sie viele Jahre als freiberufliche Redakteurin für Online-Portale und Agenturen.